Das Blasorchester der Wiener Netze
hat eine lange Tradition, die bis zum Jahreswechsel 1919/20 zurückreicht. Damals wurde ein "Orchester der Bediensteten der Wiener Städtischen Gaswerke" von den Kollegen Adalbert J. Ploschnitznik und Karl Simonek gegründet. In einer Zeit also, in der die Nachwirkungen des I. Weltkrieges noch deutlich zu spüren waren und Wien begann, langsam zum normalen Leben zurückzufinden, taten sich einige, meist aus der Militärzeit heimgekehrte Gaswerksmitarbeiter ("Gaserer") zum gemeinsamen Musizieren zusammen. Zunächst nur ein kleines Salonorchester, fand ihr Unternehmen bei der Kollegenschaft und bei der Direktion großen Anklang und Unterstützung, so dass der Kreis der Musiker immer mehr zu wachsen begann und für verschiedene Veranstaltungen herangezogen wurde. An Bläsern war in der Nachkriegszeit kein Mangel, und bald präsentierten sich eine Blasmusikkapelle und ein Streichorchester der Öffentlichkeit.
Im Jahre 1929 wurde das Orchester der Wiener Städtischen Gaswerke als "Musiksektion" in die damals neu gegründete "Sport- und Kulturvereinigung der Wiener Städtischen Gaswerke" eingegliedert. Während der Bürgerkriegsereignisse im Februar 1934 wurde die Sport- und Kulturvereinigung und somit auch die Musiksektion aufgelöst, das Orchester aber später als "Werksmusikkapelle" weitergeführt. Viele Angaben, die Vorkriegszeit betreffend, entstammen aufgrund von mündlichen Angaben und Überlieferungen, da infolge der Ereignisse der Jahre 1934 bis 1945 die meisten schriftlichen Unterlagen beschlagnahmt oder zerstört wurden.
Der II. Weltkrieg setzte dem Wirken unserer Sektion ein jähes Ende. Die meisten Musiker mussten zum Militärdienst einrücken, und die Zuhausegebliebenen waren an Zahl zu gering und von ihrem beruflichen Wirken meist unabkömmlich. Ein gemeinsames Musizieren war unter diesen Umständen selten möglich. Nur dem Ideenreichtum einiger Musiker ist es zu verdanken, dass ein Großteil des Notenarchives vor dem Bombenkrieg verschont blieb. Die Noten wurden in verschiedene Dienststellen der Gaswerke ausgelagert, so dass nicht alles gleichzeitig durch Fliegerbomben zerstört worden wäre. Nach Kriegsende wiederholte sich der Gründungsvorgang von 1920 auf ähnliche Weise. Heimkehrende Militärmusiker und ehemalige Musikkollegen freuten sich, wieder im Freundeskreis spielen zu können, und bald stand wieder eine achtbare Blasmusikkapelle auf den Beinen.
Zahlreiche Konzerte in all den Jahren haben diesem reinen Amateurensemble immer wieder uneingeschränktes Lob eingebracht. So wird das Blasorchester der Wiener Netze regelmäßig eingeladen, festliche Anlässe mitzugestalten. Auftritte in Rundfunk und Fernsehen, im Wiener Konzerthaus, bei den Wiener Festwochen, bei der Weihnachtsbaum-Beleuchtung auf dem Wiener Rathausplatz, bei Grundsteinlegungen und Eröffnungen, bei Veranstaltungen der „Wiener Netze GmbH“, um nur einige Beispiele zu nennen, sind beinahe schon selbstverständlich. Aber auch Konzerte für wohltätige Zwecke in Vergangenheit und Gegenwart (Blindensammeltage, Rotes Kreuz, Licht ins Dunkel, Kinderkrebshilfe, Volkshilfe, Tiergarten Schönbrunn und Power4me) stehen auf dem Programm.
Viele Konzertreisen im In- und Ausland, wie zum Beispiel nach Berlin, Bilbao, Düsseldorf, Innsbruck, Hamburg, Kindberg, Leoben, Liechtenstein, Moskau, Ottensheim, Stuttgart und München wurden zu unvergessenen Erlebnissen.
In Wien aber wurde das damalige Blasorchester der Wiener Gaswerke zu einem festen Bestandteil des kulturellen Lebens dieser Stadt. Zwei der größten Auszeichnungen waren sicherlich die Erringung des Ersten Preises beim "Blasmusikwettbewerb der Städtischen Orchester" und die Verleihung eines "Goldenen Rathausmannes" durch Wiens damaligen Bürgermeister Prof. Dr. Helmut Zilk.
Um das künstlerische Niveau halten zu können, ist ständiges Üben unabdingbar. Einmal wöchentlich (jeweils mittwochs ab 17.00 Uhr) wird nach Dienstschluss in der Freizeit geprobt. Dabei wurde im Laufe der Jahre das Repertoire ungeheuer groß und vielfältig. Die Leitung des Orchesters hat es sich aber zur Aufgabe gemacht, besonders die Wiener Musik zu pflegen! Auch Fachleute schätzen die Qualität des Gebotenen, wie zahlreiche Rundfunkaufnahmen und Fernsehauftritte sowie zwei Schallplatten und fünf CD´s seit 1976 beweisen. Aus der Schar der Musiksektion rekrutiert sich auch ein Bläserquintett, ein Tanzorchester und eine kleine Blaskapelle namens "Wiener Stadtmusikanten". Viele unserer Musikanten wirken auch immer wieder im Wiener Landesblasorchester mit. Nur das Streichorchester musste aufgrund von fehlendem Nachwuchs seine Tätigkeit beenden.
Viele tüchtige, musikbegeisterte Männer haben die Geschicke der Musiksektion mit Erfolg geleitet. Besonders erwähnt seien hier die Namen der Obmänner Adalbert Ploschnitznik, Anton Svec, Johann Jörg, Norbert Stepanek, Karl Ambrosch und Josef Graf! Unser derzeitiger Obmann, Herr Günter Rudolf, übernahm im Jahre 2003 die Leitung des Orchesters. Dirigent der Musikkapelle ist seit 1999 Herr Michael Holzer. Besonders stolz sind wir auch auf unseren Ehrenkapellmeister Wilhelm Denk!
Obwohl der Bestand dieses reinen Amateurvereins heute noch gesichert erscheint, leidet das Blasorchester der Wiener Netze trotzdem unter akutem Nachwuchsmangel. Viele der jetzt ausübenden Mitglieder gehören der Musiksektion - dabei spielt das Zusammengehörigkeitsgefühl eine nicht unwesentliche Rolle - seit Jahrzehnten an; doch die jüngeren Jahrgänge fehlen weitgehend.